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Wo wohnt der Papst?

Wo wohnt der Papst

Die schnelle Antwort: Er residiert im Staat der Vatikanstadt – dem kleinsten, international anerkannten Staat der Welt, der 1929 durch die Lateranverträge mit Italien etabliert wurde. Doch wenn wir genauer hinschauen, kann das Areal von über 40 Hektar geradezu riesig erscheinen für eine einzelne Person, auch wenn es sich um das Oberhaupt der katholischen Kirche handelt. Wo hält sich der Papst nun tatsächlich auf? Und kann man ihm mit etwas Glück in der Sixtinischen Kapelle begegnen? Verbringt er das ganze Jahr in diesem kleinen, aber geschichtsträchtigen Staat?

Diese und ähnliche Fragen tauchen auf, wenn wir in die faszinierende Welt der päpstlichen Residenzen eintauchen. Noch bevor die Päpste ihren heutigen Status im Vatikan einnahmen, residierten sie jahrhundertelang an unterschiedlichen Orten. Kurioserweise lebten einige Päpste im 14. Jahrhundert sogar im französischen Avignon (das sogenannte „Avignonesische Exil“). Die Rückkehr des Papsttums nach Rom festigte im Laufe der Zeit die Bedeutung des Vatikans als geistiges Zentrum der Kirche – und somit begann auch die Geschichte der prachtvollen päpstlichen Residenzen in ihrer heutigen Form.

Vatikanstadt

Vatikanstadt

Die Papstwohnung im Apostolischen Palast

Traditionell bezieht ein frisch gewählter Papst die Papstwohnungen, die seit dem 17. Jahrhundert im Apostolischen Palast untergebracht sind. Diese prachtvolle Anlage erhebt sich rechterhand des Petersdoms, wenn man über den Petersplatz blickt. Wir als Reisende staunen oft über die beeindruckende Architektur, die bereits in den Entwürfen von Baumeistern wie Donato Bramante, Bernini und anderen großen Namen der Renaissance und des Barock begründet liegt.

Die Papstwohnung im Apostolischen Palast

Die Papstwohnung im Apostolischen Palast

Historische Entwicklung des Apostolischen Palasts

Die heutigen Ausmaße des Palasts gehen auf verschiedene Epochen zurück: Bereits im späten 13. Jahrhundert existierten an dieser Stelle päpstliche Gemächer. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden sie stark erweitert, um dem wachsenden Verwaltungsapparat der Kurie und den Repräsentationsbedürfnissen der Renaissancepäpste gerecht zu werden. Zu den berühmten Architekten, die am Ausbau mitwirkten, zählen Antonio da Sangallo der Jüngere und Domenico Fontana. Die stetige Erweiterung machte den Apostolischen Palast über die Jahrhunderte zum Herzstück der päpstlichen Verwaltung und zum symbolträchtigen Zentrum der katholischen Kirche.

Ausstattung und Besonderheiten

Die sogenannte Papstwohnung – auf Italienisch auch Appartamento Pontificio oder Appartamento Nobile genannt – umfasst ungefähr zehn Räume. Dazu gehören:

  • Schlafzimmer des Papstes
  • Arbeitszimmer, aus dessen Fenster sonntags der päpstliche Segen (Angelus oder Regina Caeli) erteilt wird
  • Medizinische Versorgungseinheit
  • Speisezimmer
  • Wohnzimmer
  • Eigene Kapelle
  • Dachgarten
  • Bereich für die Ordensschwestern, die den Haushalt führen

Die kunstvolle Ausstattung dieser Räume ist bis heute ein Spiegel der langen Geschichte des Kirchenstaates: Fresken, Gemälde und wertvolle Kunstobjekte zeugen von der Bedeutung, die diesem Ort seit Jahrhunderten zukommt. Für viele Gläubige ist es zudem ein spiritueller Brennpunkt, schließlich werden von hier aus zahlreiche Entscheidungen getroffen, die das religiöse Leben weltweit prägen.

Sommermonate in Castel Gandolfo

Die Papstwohnung im Vatikan dient den größten Teil des Jahres als offizielle Residenz. Allerdings verlassen die Päpste traditionell in den heißen Sommermonaten den Vatikan und ziehen nach Castel Gandolfo, etwa 25 Kilometer südöstlich von Rom gelegen. Seit Generationen bietet dieses malerische Städtchen am Albaner See dem Kirchenoberhaupt eine willkommene Zuflucht vor der Sommerhitze Roms.

Castel Gandolfo

Castel Gandolfo

Historische Bedeutung von Castel Gandolfo

Das päpstliche Refugium in Castel Gandolfo hat eine weitreichende Vergangenheit. Das Land ging Ende des 16. Jahrhunderts in den Besitz des Vatikans über. Der idyllische Ort war schon in der Antike wegen seines milden Klimas und der Nähe zu den Albaner Bergen beliebt. Mehrere römische Adelsfamilien, darunter die Familie Savelli, hatten dort einst Residenzen, die später dem Kirchenstaat zufielen. Über Jahrhunderte hinweg entwickelten die Päpste Castel Gandolfo zu einem Sommersitz mit prächtigen Gärten (den Barberini-Gärten), in denen auch heute noch seltene Pflanzenarten und jahrhundertealte Baumriesen zu bewundern sind.

Castel Gandolfo unter den modernen Päpsten

Einer der wichtigsten Meilensteine war der Ausbau des Apostolischen Palastes von Castel Gandolfo im 17. Jahrhundert durch Papst Urban VIII. aus der einflussreichen Familie Barberini. Päpste wie Pius XII. oder Benedikt XVI. verbrachten hier ihre Sommerwochen oder zogen sich zur Erholung zurück. Papst Franziskus hingegen hält sich – in einer bemerkenswerten Abweichung von der Tradition – nur selten in Castel Gandolfo auf. Stattdessen entschied er, diesen Palast größtenteils der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Seit 2016 können Besucher das Anwesen als Museum besichtigen und dabei einen Einblick in die Privaträume erhalten, die über Jahrhunderte hinweg den Päpsten als Rückzugsort gedient hatten.

Domus Sanctae Marthae: Die moderne Alternative

Mit dem Amtsantritt von Papst Franziskus änderten sich einige Gepflogenheiten grundlegend. Anstatt in die traditionelle Papstwohnung im Apostolischen Palast zu ziehen, entschied er sich für das Domus Sanctae Marthae. Diese Unterkunft wurde 1996 unter Papst Johannes Paul II. errichtet, um Kardinäle und hohe Geistliche während ihrer Amtsgeschäfte unterzubringen.

Domus Sanctae Marthae

Domus Sanctae Marthae

Warum Domus Sanctae Marthae?

Das Domus Sanctae Marthae liegt nur wenige Schritte vom Petersdom entfernt, innerhalb der Mauern der Vatikanstadt. Für Außenstehende wirkt es eher wie ein zweckmäßiges Gästehaus als ein luxuriöser Palast. Besonders während eines Konklave, also der Wahl eines neuen Papstes, dient das Domus Sanctae Marthae als abgeschottete Unterkunft für die Kardinäle. In dieser sensiblen Phase werden alle Kommunikationsmittel gekappt, um äußere Einflüsse zu verhindern und die Wahlhandlung im Geheimen ablaufen zu lassen.

Fazit

Die Frage „Wo wohnt der Papst?“ lässt sich nicht nur mit dem knappen Verweis auf die Vatikanstadt beantworten. In Wirklichkeit erstreckt sich ein komplexes Geflecht historischer, kultureller und religiöser Bedeutungsorte: vom Apostolischen Palast mit seiner jahrhundertealten Architektur bis zum Domus Sanctae Marthae, das einen bewussten Gegenentwurf zur herkömmlichen Pracht darstellt. Darüber hinaus hält die Sommerresidenz in Castel Gandolfo ebenso viele Geschichten bereit – Geschichten von Tradition und Wandel, die das Papsttum bis heute prägen.

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